Carsten Sieling und Elombo Bolayela:
Pressegespräch mit afrikanischen Journalisten
Elombo Bolayela:
Wir wollen hier heute diskutieren, wie wir als afrikanische Community den SPD-Wahlkampf aktiv unterstützen können. Wir wollen mit Carsten Sieling das Thema Integration diskutieren.
Carsten Sieling:
Wir wollen Afrikaner nicht nur als Wahlbürger alle vier Jahre ansprechen. Wir wollen, dass die Afrikaner und auch alle anderen Migranten aktiv mitwirken an der Gestaltung des Gemeinwesen. Dass sie sich im Stadtteil und in der Politik mit ihren Interessen einbringen. Elombo Bolayela ist der erste Afrikaner bundesweit, der in einen Landtag eingezogen ist. In unserer Bürgerschaftsfraktion haben wir noch weitere Migranten aus verschiedenen Herkunftsländern. Da sind wir in Bremen bundesweit ganz vorne, aber es muss noch mehr werden.
Wir als SPD wollen, dass alle Menschen, die in Deutschland leben, die Möglichkeit für ein gutes Leben haben. Deutschland ist ein Einwanderungsland, auch wenn die schwarz-gelbe Bundesregierung das nicht wahrhaben will. Unser Land muss vielfältiger werden, die Hautfarbe sollte keine Rolle mehr spielen. Dafür setze ich mich ein und das gilt auch für die SPD-Bundestagsfraktion. Wir brauchen eine Willkommenskultur, wir wollen offen herangehen an Menschen, die zu uns kommen.
Es geht dabei um Anerkennung, persönlich aber auch in Sachen Berufsausbildung. Es kann nicht sein, dass die im Heimatland erworbenen Schul-, Berufs- und Studienabschlüsse bei uns keine Anerkennung finden. Wir wollen Einwanderer nach ihrer Qualifikation beschäftigen und nicht nur als Taxifahrer oder Reinigungskraft. Dafür brauchen wir ein Anerkennungsgesetz für die Abschlüsse. Das fordern wir im SPD-Regierungsprogramm. Wer als Ingenieur oder Lehrer zu uns kommt, das gilt für alle Migranten, der muss sicher teilweise noch an spezifischer, hier geforderter Qualifikation draufsatteln, um bei uns in seinem Beruf arbeiten zu können. Aber sein Abschluss im Heimatland muss dafür die Basis sein. Das ist eine persönliche und berufliche Wertschätzung und sorgt dafür, dass die Migranten ihre Kompetenzen bei uns sinnvoll auf dem Arbeitsmarkt einbringen können, nicht nur als Hilfsarbeiter.
Anerkennung heißt zudem gleiche Rechte. Wir als SPD fordern im neuen Regierungsprogramm die Einführung des Doppelpasses. Wer hier lebt und 18 Jahre alt wird, soll sich nicht mehr entscheiden müssen – entweder deutscher Pass oder Pass des Heimatlandes.
Und der dritte wichtige Bereich beim Thema Integration ist die Bildung. Wir brauchen da gleiche Chancen für Kinder aus Migrantenfamilien. Das heißt, dass schon im Kindergarten das Lernen der deutschen Sprache intensiv gefördert werden muss.
Und generell gilt, dass die SPD die Flüchtlingspolitik humaner machen will. Da haben Länder und Kommunen durchaus Handlungsspielräume und die sollten wir nutzen. Wie in Bremen bereits durch Innensenator Ulrich Mäurer geschehen, der hier geborenen Flüchtlingskindern ein Aufenthaltsrecht einräumt.
Was die Steuerpolitik angeht. Da müssen sich afrikanische Mitbürger keine Sorgen machen. Wir wollen als SPD die Menschen mit hohen Einkommen stärker an der Finanzierung des Gemeinwesens beteiligen. Deshalb erhöhen wir nur den Spitzensteuersatz auf 49 Prozent. Zudem wollen wir eine Vermögenssteuer einführen, die ebenfalls wegen hoher Freibeträge keine Normalverdiener betrifft.
Im Wohnungsbau setzen wir uns für bezahlbare Wohnungen ein. Wer künftig neue Wohnungen bauen will, den wollen wir in Bremen dazu verpflichten 25 Prozent davon als sozialen Wohnungsbau zu vermieten, möglicherweise auch mit Zuschüssen aus Steuergeldern. Zudem haben wir in Bremen mit der Gewoba ein Wohnungsbauunternehmen in staatlicher Hand, das für preiswerte und zudem qualitativ gute Wohnungen sorgt.
Elombo Bolayela zum Thema Berufschancen für afrikanische Studenten:
Viele afrikanische Studenten sehen keine berufliche Zukunft in Deutschland und gehen nach dem Abschluss nach England oder in die USA. Sie haben das Gefühl, dass sie hier nicht gewollt sind. Das wollen wir in Bremen ändern. Wir haben das Aufenthaltsrecht geändert. Nach dem Abschluss sollen die Akademiker 18 Monate Zeit haben einen Job zu finden. Und sie müssen nur noch 33.000 Euro, statt vorher 66.000 Euro verdienen, was übertrieben zu hoch war, um bei uns bleiben zu können. Entscheidend ist es jedoch, das Interesse der Unternehmer, der Handelskammer und der Handwerkskammer zu wecken. Kontakte herzustellen, Praktika ermöglichen, damit der Klebeeffekt eintritt. Wir brauchen alle Köpfe in Bremen, egal ob weiß oder schwarz.
Deshalb will die SPD-Fraktion in Bremen im öffentlichen Dienst in Bremen auch das anonymisierte Bewerbungsverfahren einführen, als Vorreiter, um ein Beispiel zu geben für Unternehmen. Leider haben wir noch keine Mehrheit um Dieses auch im Landesparlament durchsetzen zu können. Deshalb bleibt die SPD-FRAKTION auf jeden Fall am Ball. Da darf es keine Vorsortierung mehr geben nach Hautfarbe oder Stadtteil, in dem einer lebt.
Carsten Sieling zum Thema Diskriminierung von Afrikanern
Diskriminierung muss, wann immer möglich, rechtlich bestraft werden können. Was die Grauzone angeht, etwa bei einzelnen Arbeitgebern, Vermietern oder am Eingang von Discotheken. Wenn es dort zu Diskriminierungen kommt, hilft nur das Herstellen von Öffentlichkeit. Dann können auch „Weiße“ sagen: dort gehen wir auch nicht mehr hin. Das Thema muss aus der Tabuzone heraus, das gilt auch für seelische Diskriminierung in Kindergärten und Schulen.
Elombo Bolayela zum Thema Diskriminierung von Afrikanern
Wir brauchen mehr Vorbilder in Bremen, damit wir als Afrikaner positiv sichtbarer werden in der Stadt. Es braucht auch mehr Afrikaner als Lehrer und Erzieherinnen. Und wir müssen selbst mehr Selbstbewusstsein entwickeln, uns gegen Diskriminierung zu wehren. Nach dem Motto: Wir sind gut ausgebildet, wir wollen diesen Job. Es gilt die Kinder zu stärken.